Donnerstag, 6. März 2008

Der Nutzen des mitwirkenden Patentanwalts in Markenverletzungsfällen

Seit langem ist es gängige Praxis vieler Rechtsanwälte, bei Abmahnungen Patentanwälte hinzuzuziehen, deren vermeintliche oder tatsächliche Mitwirkung zusätzliche Gebühren auslösen soll. Gestützt wird diese Praxis auf § 140 Abs. 3 MarkenG, wonach in einer Kennzeichenstreitsache die "Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts" zu erstatten sind. Ob die Mitwirkung des Patentanwalts notwendig ist, wird nach dieser Vorschrift aber nicht geprüft, sondern vom Gesetz unwiderleglich vermutet. Die Vorschrift gilt dem Wortlaut nach nur für Kennzeichenstreitsachen (also Gerichtsverfahren). Sie wird aber in gängiger Praxis analog auf vorprozessuale Auseinandersetzungen angewandt, insbesondere auf Abmahnungen.

Nun mag man sich - z.B. mit der Kollegin Friederike Brauer - darüber streiten, ob diese analoge Anwendung in jedem Fall geboten ist, oder ob sie nicht in einzelnen Fällen rechtsmissbräuchlich sein kann. Anlass für den kritischen Beitrag der Kollegin ist eine kürzlich ergangene Entscheidung des LG Berlin (veröffentlicht u.a. in Medien, Internet und Recht), das die Ansicht vertritt, dass es "einem im Markenrecht versierten Rechtsanwalt möglich ist, einen einfachen und bereits mehrfach von ihm bearbeiteten Markenverstoß alleine und selbständig zu bearbeiten". Eine "Mitwirkung eines Patentanwalts [sei] nicht geboten".

In jüngerer Zeit hatte auch schon Kollege Frank Tyra aus Köln in einem sorgfältig recherchierten Beitrag für die WRP (hier bei jurion.de) die Frage gestellt, ob die bisherige Praxis, die Vorschrift des §140 Abs. 3 MarkenG (und vergleichbare Privilegierungsvorschriften) auch in vorprozessualen Auseinandersetzungen analog anzuwenden, insbesondere bei Abmahnungen, nicht einer Überprüfung bedürfe. Dabei kann er sich nicht zuletzt auf Stellungnahmen der Patentanwaltskammer und der Bundesrechtsanwaltskammer stützen. Auch für gerichtliche Verfahren regt er an, die Notwendigkeit einer Mitwirkung des Patentanwalts de lege ferenda zum Tatbestandsmerkmal für eine mögliche Erstattung der Gebühren zu machen, statt sie wie bisher als unwiderlegliche Vermutung anzusehen (WRP 2007, 1059, 1066 m.w.N.). Man darf also in Zukunft bei Abmahnungen "von der Stange" zumindest die Frage stellen, ob die Vermutung des Gesetzes in § 140 Abs. 3 MarkenG so unwiderleglich ist, wie die Rechtsprechung sie bisher versteht.

Wasser auf die Mühlen der Kritiker dieser Praxis dürfte auch ein Fall sein, der den Weg auf meinen Schreibtisch fand: Ein international bekannter Künstler nimmt meine Mandantin wegen Verletzung von Markenrechten, Bildrechten und Persönlichkeitsrecht in Anspruch. Der anwaltliche Vertreter teilt eingangs seiner Abmahnung mit, dass Herrn Patentanwalt X mitwirkt - der Patentanwalt hat auch mit unterzeichnet. So weit, so gut.

Bei näherem Hinsehen stellt sich aber heraus, dass die Gemeinschaftsmarke, auf die der Künstler seine Ansprüche stützt, noch gar nicht eingetragen, sondern mit Widersprüchen
behaftet ist.

Die übrigen Ansprüche, ob begründet oder nicht, stützen sich auf Vorschriften des Urheberrechts, des KUG und des allgemeinen Zivilrechts. Hier stößt nach der gesetzlichen Vermutung die Sachkunde des Patentanwalts ohnedies an ihre Grenzen.

Ob die Mitwirkung des Patentanwalts hier notwendig war, darüber kann man nach herrschender Rechtslage wohl streiten. Dass sie in diesem Fall zumindest wenig fruchtbar war, steht wohl fest. Da stellt sich die Frage: Gilt die (vermeintlich unwiderlegliche) Vermutung der Notwendigkeit auch in Fällen unwiderleglicher Unfruchtbarkeit?